Auftakt : Treffpunkt Arbeitnehmervertreter*innen
„Umgang mit Gewalt in der Arbeitswelt“ – Prävention-Deeskalation-Nachsorge
Vortrag und Diskussion mit Dr. Holger Pressel, Buchautor, Lehrbeauftragter an verschiedenen Hochschulen und Leiter der Stabstelle Politik, Verbände und Gremienmanagement bei der AOK Baden Württemberg . Kontakt Holger_Pressel@web.de
Orientierung
Wann sprechen wir von Gewalt? Fällt ein zunehmend rauer werdender Umgangston im Betrieb schon unter den Begriff? Das waren Fragen, die sich ein Vorbereitungsteam stellte.
Mit einer differenzierten Definition beginnt dann auch der Einstieg ins sensible Thema.
Gewalt am Arbeitsplatz sind nach ILO (Internationale Arbeitsorganisation)
„Vorkommnisse, bei denen Beschäftigte im Verlauf oder in direkter Folge ihrer Arbeit beleidigt, bedroht oder tatsächlich angegriffen werden.“ Zu unterscheiden sind verbale, psychische, sexuelle und physische Gewalt und betriebsfremde von betriebsinterner Gewalt.
Eine Expertengruppe des Federal Bureau of Investigation (FBI) unterscheidet vier Typen von Workplace Violence (FBI Typoligie).
Typ 1 Kriminelle Handlungen , ohne Beziehung zum Arbeitsplatz des Opfers, Bsp Raubüberfälle; Motivation: materielles Interesse.
Typ2 Gewalttaten gegen Beschäftigte, die von Kunden, Klienten oder Lieferanten verübt werden. (Betriebsfremde Gewalt).
Typ 3 Gewalttaten gegen Kolleginnen und Kollegen und gegen Vorgesetzte, die von aktuellen oder ehemaligen Mitarbeitern der Organisation verübt werden ( Workplace Violence im engeren Sinne). Häufig: seelische Gewalt.
Typ 4 Gewalttaten am Arbeitsplatz , bei denen der Aggressor in persönlicher Beziehung zum Opfer steht, ohne selbst in der betreffenden Organisation beschäftigt zu sein.
Eine weitere grundlegende Unterscheidung ist die nach situativer (heißer) Gewalt und zielgerichteter (kalter) Gewalt. Bei ersterer ist Deeskalationsmanagement angesagt , während bei „kalter Gewalt“ Bedrohungsmanagement gefordert ist.
Ausschnitt
Im Fokus dieses Abends stand Typ 3. Wie wirken sich stetige Kränkungen, wie z.B. Bloßstellen vor Kolleg*innen, aus? Auf direkt Betroffene auf das gesamte Team? Werden solche Situationen eher verschwiegen? Wie kommt es zu Kränkungen? Welche Rolle spielen Hierarchie und Führungsstil ? Gibt es Compliances zur Unternehmenskultur? Sind diese wirksam oder lediglich tönerne Bekenntnisse? Warum werden aus manchen Betroffenen Täter, aus anderen nicht? Welche Rolle spielen Lebensgeschichte , soziales Eingebundensein und familiäre Situation?
Diese Fragen beschäftigten die Teilnehmenden, genauso wie ein Bericht über bedrückende Situationen im Jobcenter , die von „Kunden“ als demütigende Abfertigung erlebt werden. Hier wurde als Idee ein „therapeutischen Raumes" direkt vor Ort, genannt. Ein Ort in dem gewaltbereite überforderte „Kunden“ betreut werden könnten.
Prävention
Handhabe bei der Frage Gewalt am Arbeitsplatz, Typ 3, ist für gewählte Arbeitnehmervertreter*innen in Betrieben, Ämtern und Einrichtungen ist die im Arbeitsschutz vorgeschriebene Gefährdungsbeurteilung psychische Belastungen.
Weiterführend: Holger Pressel,Umgang mit Gewalt am Arbeitsplatz, Haufe Group, November 2020,
Print: ISBN 978-3-648-142-0