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Diözesanverband Rottenburg-Stuttgart

Der Krimi um das europäische Lieferkettengesetz

Die EU hat dem Lieferkettengesetz zugestimmt, das Unternehmen ab 2032 zu mehr Verantwortung hinsichtlich ihrer globalen Lieferketten verpflichtet. Ziel ist es, faire Arbeitsbedingungen und den Umweltschutz weltweit zu stärken.

Es war ein äußerst nervenzehrendes Polit-Gerangel, das auf den letzten Metern noch einmal (halbwegs) gut ausgegangen ist: Am Freitag. 14. Februar 2024 wurde doch noch die notwendige Mehrheit für die EU-Richtlinie (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, kurz CSDDD) erreicht. Bis zuletzt musste man bangen, ob für die Regulierung, die Menschenrechte und Umweltstandards in den Lieferketten sicherstellen soll, die notwendige Mehrheit zustande kommt.

Eigentlich war bereits Mitte Dezember eine Einigung zwischen EU-Rat, Kommission und Parlament erzielt worden. Üblicherweise gilt die Zustimmung von Rat und Kommission danach nur noch als Formsache. Doch als die Bundesregierung auf Drängen der FDP ihre Enthaltung zu der von deutscher Seite lange mit verhandelten Richtlinie ankündigte, setzte dies bei weiteren Mitgliedsstaaten eine Kettenreaktion in Gang. Die Mehrheitsverhältnisse gerieten ins Wanken. Mit schmerzhaften Zugeständnissen an eine ganze Reihe zögerlicher Regierungen gelang es der belgischen Ratspräsidentschaft dann doch noch, das seit Jahren in Aussicht gestellte Vorhaben zu sichern. 

Zusammen mit der Initiative Lieferkettengesetz hat die KAB sich sehr intensiv für dieses wichtige Menschenrechtsprojekt stark gemacht.
Es gibt leider ein paar Wermutstropfen!  Dennoch: „Ein Scheitern des Prozesses hätte uns in den Bemühungen um Verbesserungen der menschenrechtlichen Situation in den weltweiten Lieferketten um Jahre zurückgeworfen”. So kommentierte Eva Reinwald aus dem SÜDWIND-Team, einem unserer Partner in der Initiative.

Schwächen und Stärken des neuen Lieferkettengesetzes

  • Positiv ist, dass das in letzter Minute verabschiedete europäische Lieferkettengesetz überhaupt noch auf den Weg gebracht wurde. Es bringt wichtige Fortschritte für die Menschen, die in den weltweiten Lieferketten tagtäglichen Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind.
  • die zivilrechtliche Haftung  konnte "gerettet" werden. Das heißt: Betroffene von Menschenrechtsverletzungen, die von Unternehmen verschuldet werden, haben fortan endlich ein deutlich verbessertes rechtliches Instrument, um Schadensersatz zu erstreiten.
  • Abschwächung im Anwendungsbereich ist massiv
    Mit deutlichen Abschwächungen gegenüber der bereits im Dezember ausgehandelten Einigung kam die belgische Ratspräsidentschaft den bis zuletzt zögerlichen Mitgliedsstaaten entgegen. Die gravierendste Einschränkung: Die Regulierung soll erst für Unternehmen ab einer Größe von 1000 Mitarbeitenden und einer Umsatzschwelle von mehr als 450 Millionen Euro gelten. Dies wird die Wirkung des EU-Lieferkettengesetzes erheblich einschränken.
  • Auch die Pflichten der europäischen Unternehmen für die nachgelagerte Wertschöpfungskette, die ohnehin nicht weitreichend ausfielen, wurden weiter abgeschwächt.

Und wo bleibt der Finanzsektor?

Dieser wurde im Laufe des Verhandlungsprozesses ganz aus der Regulierung herausgenommen. Einer von vielen guten Gründen für ein starkes EU-Lieferkettengesetz: ein Ende der Finanzierung von Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung durch europäische Banken, Versicherungen und Investoren.

Was blieb sonst noch auf der Strecke?
Ganz eindeutig  die Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit Deutschlands als vertrauenswürdiger Verhandlungspartner in der EU, wenn es um schwierige Kompromisssuche geht. Bei dieser von der FDP zu verantwortenden Verhinderungsstrategie hat Kanzler Olaf Scholz keine gute Figur gemacht. Er hätte von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch machen sollen und nicht der Kleinstpartei in der Koalition mit ihrem wirtschaftsliberalen Kurs das Spielfeld überlassen dürfen.
Und wieder einmal zeigt sich: im Ernstfall gehen Wirtschaftsinteressen vor Umwelt und Menschenrechten.

Was regelt das Lieferkettengesetz

Transparenz: Unternehmen müssen ihre Lieferketten transparent gestalten und öffentlich über ihre Sorgfaltspflichten berichten.
Verantwortlichkeit: Die Verantwortung für die Einhaltung der ethischen, sozialen und ökologischen Standards liegt bei den Unternehmen.
Rechenschaftspflicht: Unternehmen müssen nachweisen können, dass sie angemessene Maßnahmen zur Risikominimierung und -vermeidung getroffen haben.

Bernhard Bormann, KAB-Bildungsreferent
Quellen: Initiative Lieferkettengesetz, SÜDWIND e.V (Institut für Ökonomie und Ökologie)

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