Diese Website benutzt Cookies. Wenn Sie auf "Akzeptieren" klicken, stimmen Sie dem Einsatz von Cookies gemäß unserer Datenschutzerklärung zu.

Diözesanverband Rottenburg-Stuttgart

Eine Landespflegekammer soll auch in Baden-Württemberg installiert werden

Die Politik hat entschieden:

In Baden-Württemberg trat Anfang Juni
ein Gesetz zur Errichtung einer Pflegekammer
für Pflegefachpersonen in Kraft.
So hat es der Landtag in seiner Sitzung am
24. Mai 2023 entschieden und das Landespflegekammergesetz
verabschiedet.
Ein vom Sozialministerium eingesetzter
Gründungsausschuss beginnt innerhalb
von sechs Wochen, die Errichtung der
Kammer vorzubereiten.
Allerdings:
60 % der Pflegekräfte müssen zuvor diesem
Vorhaben zustimmen, so sieht es das
Gesetz vor.
Die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung
(KAB) Diözesanverband Rottenburg-
Stuttgart e.V. hat im Vorfeld der Verabschiedung
eine differenzierte Position formuliert
und auf einige gravierende
Schwachstellen des Pflegekammergesetzes
hingewiesen.
„Die KAB unterstützt jegliches Anliegen, das
zu einer Verbesserung der Situation in der
Pflege führt, die Situation für Mitarbeitende
ist dringend reformbedürftig“.
Weiter heißt es in der Stellungnahme: „Die
Katholische Arbeitnehmer-Bewegung anerkennt
das Bestreben der Landesregierung,
„der Pflege“ nach mehr Autonomie zu unterstützen.
Indirekt hat dies eine stärkende Wirkung.
Die drängenden Probleme in der Pflege,
wie sie sich nach unseren Erfahrungen darstellen,
sind damit jedoch nicht beantwortet“.
Hinzuzufügen ist nach der Verabschiedung
des Gesetzes auch die berechtigten
Anfragen der betroffenen Pflegekräfte
und Heimleitungen.
Die Pflegekammer wird eingerichtet,
wenn mindestens 60 Prozent der Pflichtmitglieder sich während der Gründungsphase
haben registrieren lassen.
Es ist im Gesetzentwurf allerdings nicht
vorgesehen, dass sich die Pflegefachpersonen
selbst registrieren. Die Registrierung
erfolgt über die Köpfe der Betroffenen
hinweg. Die Arbeitgeber werden verpflichtet,
die persönlichen Daten der Pflegefachpersonen
an den Gründungsausschuss
zu übermitteln. Die Pflegefachpersonen
werden dann nur noch darüber informiert,
dass sie innerhalb von sechs
Wochen Einspruch gegen die Registrierung
einlegen können.

Die unter Aufsicht des Sozialministeriums
stehende Landespflegekammer übernimmt
ab 2024 die Zuständigkeit für Weiterbildung
und Aufsicht über fachlich
sachgerechte Pflege. Das Land finanziert
die Aufbaujahre 2023 und 2024, danach
erfolgt die Finanzierung über Beiträge der
Mitglieder.
Pflegehelfer*innen und Assistenzberufe
haben kein Wahlrecht, die Kammer vertritt
ausschließlich Pflegefachkräfte. Andere
Berufe können freiwillig Mitglied
sein, allerdings ohne Stimmrecht.
Die Pflegepolitik wird wesentlich durch
Bundesgesetze bestimmt, eine Bundespflegekammer
erscheint daher eine sinnvolle
Lösung, deren Realisierung ist – derzeit
- an eine Mindestzahl von Landespflegekammern
gebunden.
Die Idee der Landespflegekammer ist –
auch und gerade – unter Pflegekräften
umstritten. Niedersachsen und Schleswig-
Holstein hatten Landespflegekammern
eingeführt, diese aber wieder abgeschafft,
auf Betreiben der Mitglieder. Es bestehen
Pflegekammern in Nordrhein-Westfalen
und in Rheinland-Pfalz.
Sieben Punkte zum Weiterdenken:
• Die Realisierung einer Landespflegekammer
sollte sozial ausgewogen sein,
die Beschränkung auf Pflegefachkräfte
bzw. die Ausgrenzung der Pflegehelfer
schwächt die Glaubwürdigkeit
des Vorhabens, die Pflege zu stärken

Bis dato sind die Fachkräfte unterhalb
einer 3-jährigen Ausbildung
ausgegrenzt. Dies betrifft Auszubildende,
Praktikant*innen und Pflegehelfer*
innen.
• Eine Verbesserung der Attraktivität
bedarf der Einbindung derer, die die
Rahmenbedingungen aushandeln –
beide Sozialpartner. Im nun verabschiedeten
Gesetz ist dies nicht ersichtlich,
die Pflegekammer ist eher als
Parallelstruktur zu den Gewerkschaften
angelegt, mit dem Unterschied,
dass die Mitgliedschaft in der Pflegekammer
erzwungen, die in der Gewerkschaft
freiwillig ist.
• Die Rolle der Pflegekammer muss klar
definiert und von Gewicht sein. Hierzu
benötigt es eine klare Verortung in
den relevanten Gesetzgebungsprozessen
sowie ein Stimmrecht im Gemeinsamen
Bundesausschuss.
• Die Arbeitssituation in den Krankenhäusern
und Heimen ist zunehmend
geprägt von einem ganzheitlichen
Pflegeverständnis. Eine Kammer sollte
daher zumindest perspektivisch diesen
interdisziplinären Ansatz berücksichtigen,
eine gemeinsame Kammer für
die Gesundheitsberufe sollte hier das
Ziel sein zum Wohle von Arbeitskräften
und Patienten.
• Die Zwangsmitgliedschaft hat zur Folge,
dass Unternehmen mit einer starker
Marktposition und dementsprechend
vielen Mitarbeiter*innen ihre Anliegen
leichter in der Landespflegekammer
durchbekommen. Dies begünstigt die
Bildung von Marktdominanz. Es bedarf
also eines Instrumentes zur Stärkung
kleinerer Einrichtungen.

Die Landespflegekammer hat keine
Sanktionsmöglichkeiten gegenüber
Arbeitgebern, die sich nicht regelkonform
benehmen. Sie kann nur ihre
Einzelmitglieder sanktionieren, also
Arbeitnehmer*innen. Eine Verantwortlichkeit
der Arbeitgeber muss aber
gegeben sein, die Kammer braucht eine
Handhabe gegenüber Einrichtungen.
• In der Pflege arbeiten überwiegend
Frauen. Die Besetzung der Führungspositionen
innerhalb der Landespflegekammer
sollte folglich dem Anteil
der Frauen an den Mitgliedern entsprechen.
Fazit:
Das Gesamtziel, die Attraktivität der Arbeitssituation
in der Pflege nachhaltig zu
verbessern, ist von enormer Bedeutung.
Insofern die Landespflegekammer als
Baustein hierfür gesehen wird, lohnt es
sich bei der konkreten Ausgestaltung der
Landespflegekammer Baden Württemberg
über Korrekturen zu diskutieren.
Die KAB fordert daher auf, Unterstützung
für die Landespflegekammer dadurch zu
erreichen, dass die oben benannten Punkte
Berücksichtigung finden.
Für die KAB Rottenburg-Stuttgart
Maria Sinz, Fachreferentin Pflege,
Thomas Riediger, Diözesansekretär

 

Inter(+)aktiv

Treten Sie mit uns in Kontakt

Adresse

KAB Rottenburg-Stuttgart
Jahnstraße 30
70597 Stuttgart
Telefon: +49 711  9791 - 4640
Kontakt