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Diözesanverband Rottenburg-Stuttgart

Grußwort der KAB zum 75. Jubiläum von pax christi, 75 Jahre – und noch immer nötig!

Lieber Richard Bösch, liebe Feiernde, liebe Mitglieder von pax christi,

es ist gut, dass wir Euch haben!

Eigentlich könnte ich an dieser Stelle schon aufhören, denn das wichtigste ist bereits gesagt. In ein Grußwort kommen normalerweise Aufzählungen, was denn schon alles getan, was alles geleistet wurde. Aber das wissen wir, und: wir spüren es jeden Tag! Da brauche ich das eigentlich nicht noch einmal extra betonen… 75 Jahre! …viel lieber möchte ich Euch für Eure Worttreue loben, Eure Verbundenheit an die eigene tief im Christentum wurzelnde Botschaft. Uns ist die Welt anvertraut, wir sind die Botschafter des Friedens – oder eben des Unfriedens, das ist unsere Entscheidung und pax christi hat von Anfang an die Stimme erhoben, uns dieser Entscheidung zu stellen, uns für eine gerechte, eine friedliche Welt zu entscheiden. Dabei hat pax christi die beiden großen „Umbrüche“ – ich vermeide das Wort „Zeitenwende“ – mit einem hohen Maß an Glaubwürdigkeit durchschritten – vielleicht mit heftigen Debatten innerhalb und außerhalb, aber gerade weil pax christi den demokratischen ergebnisoffenen Diskurs pflegte, können wir heute auf jeden dieser Momente schauen und sagen: Gut, dass Ihr da da wart!

Auferstanden aus Ruinen heißt es– gegründet nach dem großen Schrecken, dem zweiten Weltkrieg, damit sich das nicht wiederhole. Es ist bemerkenswert und wichtig, dass das zu kurz greift: Von Anfang an, allein durch die Wahl des Namens habt Ihr deutlich gemacht, dass pax christi eben etwas anderes ist als die pax romana: In Jesaja heißt es: „der Gerechtigkeit Frucht wird Friede sein, und der Gerechtigkeit Nutzen wird ewige Stille und Sicherheit sein.“ Der Auftrag ist eine gerechte Welt, denn Gerechtigkeit sichert Frieden. Von daher senden wir als KAB, als Bewegung für soziale Gerechtigkeit auch gerne dieses Grußwort. Denn eine gerechte, eine friedliche Welt ist unser gemeinsames Anliegen als Christen. Ich sehe mich um heute und sage zufrieden: Da haben wir heute viele Verbündete, doch als pax christi gegründet wurde, waren diese Gedanken fremd und ungewohnt.

„Vis pacem, para bellum – willst Du den Frieden, bereite den Krieg vor“. Cicero Satz macht die Logik der gegenseitigen Abschreckung, die die Zeit bis 1989 geprägt hat, deutlich. Das römische Imperium hatte halt nicht wirklich ein ethisch-moralisches Dilemma mit dem Konzept Imperialismus – und diese Logik war die dominante in der Nachkriegszeit. Schon damals gab es Vordenker, Walter Benjamin hatte den Satz noch vor dem Krieg modifiziert: „Wenn Du Frieden willst, rede vom Krieg“. Nach dem Krieg wurden seine Gedanken vielfach rezipiert und heute steht der Satz außen auf dem Deutschen Panzer-Museum- ein guter Ort dafür. ….

Es braucht jedoch nicht nur jemanden, der vom Krieg spricht, es braucht zusätzlich Euch, jemanden, der auch vom Frieden spricht, der Wege diskutiert, wie wir aus einer Welt des Unfriedens in eine gerechte, friedvolle, sichere Welt kommen – wie wir den Baum gießen, damit wir die „Frucht des Friedens“ ernten können. Gut, dass Ihr da wart in dieser Zeit des Aufeinandertreffens der Blöcke. Ihr habt mit vielen anderen Friedensaktivisten den Blick nicht einfach nur gegen eine bedrohliche Gegenwart, sondern auf einen Weg in eine mögliche friedvolle Zukunft gerichtet.

Dann waren die Blöcke weg – und mit ihnen die meisten Friedensaktivisten. Ihr nicht, im Gegenteil. Und dafür verdient Ihr wirklich jede Anerkennung! Ihr seid nicht stehengeblieben, habt Euch nicht im Kreis aufgestellt, um Euch kollektiv auf die Schultern zu klopfen, kein Siegestaumel für Euch. Ihr seid Euch treu geblieben, Ihr hattet weiterhin den Auftrag der gerechten, friedvollen Welt im Blick. Ihr habt Euch Eure Liste genommen: „Frieden in Europa? Check! – Und wie sieht es nochmal auf dem Rest Welt aus?“ Bravo, Ihr seid in dem Moment, in dem wir alle in Europa zufrieden auf uns selbst geschaut haben – indem wir selbstbezogen, eurozentristisch, die unschönen Dinge in der Welt ausgeblendet haben – in dem Moment seid Ihr weitergelaufen, habt den Blick bewusst dahin gelenkt, wo es unschön, blutig, kriegerisch und ungerecht ist. Ihr habt selbst dort hingeschaut, habt nicht geschwiegen und habt uns andere dazu gebracht, aufzuwachen, auch dorthin zu sehen. Wie gut, dass Ihr da wart, dass Ihr die Stimme wart, der Rufer in der Wüste, dass Ihr uns daran erinnert habt, dass unsere Verantwortung für diese Welt nicht 1989 endet. Wir treffen auch heute die Entscheidung selbst darüber, in welcher Welt wir leben, wir können gar nicht aufhören, diese zu gestalten.

Vielleicht ist es wichtig – von wegen Rufer in der Wüste – nochmal deutlich zu machen, dass Euer Rufen auch gehört worden ist. Auch wenn wir gerade gerne den Blick auf Dunkelheit richten und unser Handeln als wirkunglos bezeichnen, so zeigt ein genauer Blick, dass Euer Handeln, das Handeln von pax christi und aller seiner Partnerorganisationen weltweit, wirkmächtig war und ist. Wenn bei einer Abstimmung in der Generalversammlung 141 von 193 Staaten sich gegen einen Krieg wenden, sind das 141 Staaten, die sich für ein friedvolles Miteinander aussprechen, wenn 143 von 193 Staaten die Annexionen verurteilen, dann sprechen sich hier 143 Staaten für Sicherheit aus. Das ist ein unglaublich starkes, ein unglaublich gutes Zeichen der Hoffnung, es ist ein Zeichen für eine Weltgemeinschaft, die sich zusammen ausspricht für eine gemeinsame Botschaft von Frieden und Sicherheit. Das war noch vor 30, vor 15 Jahren undenkbar. Und auch vor 75 Jahren war es undenkbar. Natürlich ist das nicht allein Euer Verdienst, aber es ist auch Euer Verdienst, es ist das Stück Hoffnung, das in dem verzweifelten – und falschen! - Satz steckt, den wir heute viel zu oft hören: „Die Welt ist so schlimm heute, dass mein Handeln gar nichts bewirkt!“ – Die Welt heute ist, wie sie ist – und es gibt ein paar Stellen, in denen wir sehen, dass das Handeln etlicher dazu geführt hat, dass sich Meinungen ändern, dass Frieden und Gerechtigkeit als grundlegende Bedingungen des Zusammenlebens anerkannt werden. Einer dieser Punkte, wo man das sieht, sind die beiden Resolutionen in der Generalvollversammlung – Euer Handeln hat Wirkung gezeigt, es ist heute selbst als Mitglied des Sicherheitsrates nicht mehr möglich, folgenlos sich gegen Gerechtigkeit und Frieden zu wenden. Und das gibt Hoffnung, danke dafür, danke Ihr da seid!

Jetzt habe ich doch etwas zu Euren Verdiensten gesagt – wollte ich doch nicht, aber Ihr seid einfach zu bemerkenswert. Und es ist besonders lobenswert und vorbildlich, wie Ihr mit diesem Umbruch, unserer aktuellen „Zeitenwende“ umgegangen seid. Ihr habt vielen Diskussionen Raum gegeben und viele Impulse in die Gesellschaft hineingetragen. So hatten wir als KAB gemeinsam mit Euch eine eindrucksvolle Online-Veranstaltung zum zivilen Friedensdienst in den Ukrainen. Ihr hört nicht einer Seite zu und gebt einfache Stimmungen weiter, ihr seid bemüht, allen Narrativen Raum zugeben. Eure Positionierung jedoch erfolgt mit Blick auf Eure Wurzeln, nicht gegen etwas, sondern für Euren Auftrag, die gerechte, friedvolle Welt.

Rousseau hat geschrieben: „Dem Gesetze allein verdanken die Menschen Gerechtigkeit und die Freiheit“.

Es ist ungewöhnlich, dass eine Organisation einen Staat auffordert, sich dafür einzusetzen, die Kompetenzen überstaatlicher Institutionen auszuweiten – und das per Votum der Bürger!. Das passiert gerade. Momentan hat pax christi, habt Ihr eine Petition lanciert für eine Ausweitung der Kompetenzen des internationalen Gerichtshofes und für eine Beschneidung der Kompetenzen der Veto-Mächte im Sicherheitsrat…. In vorbildlicher Weise habt Ihr die Narrative nebeneinander gestellt und eine Antwort formuliert, wie ein zukünftiger Frieden gesicherter sein kann, wie wir einen Weg gemeinsam in eine Zukunft gehen können, in eine gemeinsame friedvollere Welt. Dazu braucht es mehr Rechtssicherheit, Ihr habt Rousseaus in Verbindung gebracht mit Jesaja und auf einmal liest sich das „Dem Gesetze allein verdanken die Menschen Gerechtigkeit und die Freiheit“ „der Gerechtigkeit Frucht wird Friede sein, und der Gerechtigkeit Nutzen wird ewige Stille und Sicherheit sein.

Wir als KAB sind froh, dass wir bei uns in der Diözese eine so umtriebige pax christi – Institution haben und wir freuen uns auf jede weitere Aktion, bei der wir gemeinsam soziale Gerechtigkeit und Frieden befördern, bei der wir gemeinsam den Baum gießen, damit wir eines Tages die Frucht Frieden pflücken und – mit Gottes Segen – genießen können. Bravo! Wie gut, dass Ihr da seid!

Für die KAB der Diözese Rottenburg-Stuttgart:

Bernhard Bormann                         Thomas Riediger
Bildungsreferent                             geschäftsführender Diözesansekretär

Bild: Bernhard Bormann

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